DIE LINKE (Sachsen): “ Verbesserung im Kita-Bereich sind abhängig von der regierenden Partei!“

Die Kita-Initiative im Gespräch mit Annekatrin Klepsch und Cornelia Falken (MdL, Kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Fraktion LINKE, Mitglied des Landesjugendhilfeausschusses):

Welche Rolle spielt das Land Sachsen bei dem Thema Kinderbetreuung, speziell: Kita?

Rechtlich betrachtet ist der Freistaat Sachsen als Gesetzgeber verantwortlich für die Ausgestaltung des SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) und damit des Rechtsanspruchs auf Kindertagesbetreuung in Sachsen. Der Rechtsanspruch der Eltern selbst richtet sich jedoch gegen die örtlichen öffentlichen Träger der Jugendhilfe, also an die kreisfreien Städte wie Leipzig oder die Landkreise.
In der Praxis folgt daraus, dass die Stadt Leipzig die Bedarfsplanung für die Kindertagesbetreuung festlegt, also ermittelt, wie viele Plätze in Krippe, Kita, Hort in welchen Stadtteilen in Leipzig benötigt werden. Der Leipziger Stadtrat entscheidet, in welcher Trägerschaft die Einrichtungen geführt werden, also in kommunaler oder in freier Trägerschaft. Ebenso ist es laut SächsKitaG Sache der Stadt Leipzig, die Betreuungsgebühren in einer Satzung festzulegen, jedoch dürfen die Eltern laut Gesetz nur bis max. 30 Prozent (Kita) an den Betriebskosten beteiligt werden.

Auf Landesebene, konkret durch das Kultusministerium und das Landesjugendamt, wird geregelt, welches Personal die Kinder betreuen darf. Die existierende Fachkräfteverordnung gilt für ganz Sachsen.
Der im Jahr 2005 eingeführte Sächsische Bildungsplan, den der Freistaat verantwortet, ist ebenfalls für alle sächsischen Kitas verbindlich (Ausnahme: Heilpädagogische Kitas). Allerdings ist Umsetzung des Bildungsplanes durch die knappe Personalausstattung der Kitas, die wiederum finanziell bedingt ist, gefährdet.

Der Freistaat, also die CDU-geführte Staatsregierung, könnte Abhilfe schaffen, indem einerseits die Fachkraft-Kind-Relation zu Gunsten kleinerer Gruppen im SächsKitaG verbessert wird und Vor- und Nachbereitungszeiten sowie Urlaub in den Betreuungsschlüssel einberechnet wird und andererseits indem die Kita-Landespauschale erhöht wird. (siehe Antwort auf Frage 3)
Die Erteilung von Betriebserlaubnissen für die Kindertageseinrichtungen und die Einhaltung des Fachkräftegebotes ist wiederum Sache des Landesjugendamtes, einer nachgeordneten Behörde des Sozialministeriums.

Wie schätzen Sie die Kita-Situation in Leipzig ein?

Die Kita-Situation in Leipzig unterscheidet sich von den Landkreisen, da einerseits die Betreuungsquote der 1- bis 6-Jährigen in Kitas eine der höchsten in Sachsen ist und andererseits die steigenden Geburtenzahlen die Nachfrage nach Krippen- und Kitaplätzen zusätzlich erhöhen. Das vorhandene Platzangebot für Ein- bis Dreijährige in Leipzig liegt bereits deutlich über dem Ziel des Bundes, für 35 Prozent der Krippenkinder Plätze zu schaffen. Jedoch ist davon auszugehen, dass es Leipzig nicht gelingt, ab August 2013 allen Kindern einen Krippenplatz zur Verfügung zu stellen und damit den Rechtsanspruch zu gewährleisten. Meine Befürchtung ist, dass die Eltern nicht nur zeitverzögert die benötigen Plätze erhalten, sondern auch weit weg von der Wohngegend, und damit lange Fahrzeiten in Kauf nehmen müssen.

Die Betreuungssituation ist in Leipzig wie in ganz Sachsen: zu wenige ErzieherInnen bzw. zu große Gruppen in Krippen und Kitas. Darüber hinaus ist für die nächsten Jahre ein Fachkräftemangel zu befürchten, wenn viele ErzieherInnen in Rente gehen und es nicht genügend gute BewerberInnen für freie Erzieherstellen gibt.

Hat sich die Kitapauschale für die Kommunen seit 2005 nicht geändert? Wenn ja: Warum können nicht mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden? Wie könnte eine Erhöhung der Finanzmittel erreicht werden?

Hinsichtlich der Finanzierung tragen im Moment die Kommunen die Hauptlast, nämlich alle Kosten, die nicht durch die Gebühren der Eltern und die Kita-Pauschale des Landes (1.875 Euro pro Kind und Jahr) gedeckt sind. Entgegen der Ankündigung der damaligen CDU-Sozialministerin Helma Orosz im Jahr 2005, die Kita-Landespauschale zu erhöhen, ist diese seit 2005 konstant. Unseren Berechnungen zufolge müsste diese mindestens 200 Euro höher sein, um allein die Inflation auszugleichen. Alle demokratischen Oppositionsfraktionen im Landtag sind sich einig, dass die Fachkraft-Kind-Relation verbessert und damit die Gruppen verkleinert werden müssen und es deshalb einer Anhebung der Kita-Landespauschale bedarf. Dies lehnen CDU-Finanzminister Unland und Ministerpräsident Tillich bisher ab. Eine Erhöhung der Kita-Landespauschale setzt eine politische Prioritätensetzung voraus, wäre aber gegenwärtig durch Steuermehreinnahmen zu finanzieren.

Die Behauptung, dass der Landeszuschuss zur Kita-Finanzierung erst zwei Jahre später gezahlt wird, entspricht meines Erachtens nicht der sächsischen Rechtslage. Denn in § 2 Landeszuschuss für Kindertageseinrichtungen nach § 14 Abs. 5 SächsKitaG heißt es: „Für die Gewährung des Landeszuschusses hat der Träger der Einrichtung der Landesdirektion Sachsen bis zum 1. Mai eines jeden Jahres die Anzahl der am 1. April des Jahres in der Einrichtung aufgenommenen Kinder, untergliedert nach Betreuungsart und Betreuungszeit, sowie die Anzahl der aufgenommenen Kinder mit Anspruch auf Eingliederungshilfe zu melden.“ Siehe auch Sächsische Kita-Finanzierungsverordnung. Richtig ist allerdings die Kritik der Kommunen, dass der Freistaat Sachsen die Gelder, die der Bund als Anschub zur Betriebskostenfinanzierung für den Krippenausbau einbehält und nicht zusätzlich zur Landespauschale weiterreicht. Weitergeleitet wurden bisher nur die investiven Gelder des Bundes für den Neubau von Krippenplätzen. Darüber hinaus stellte der Freistaat Fördergelder für den Neubau und die Renovierung von Kita-Plätzen zur Verfügung.

Die Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege kämpft seit mehreren Jahren für eine Verbesserung der Betreuung und die Erhöhung der Kita-Landespauschale, u.a. mit der Kampagne „Weil Kinder Zeit brauchen“. Diese Kampagne benötigt die Unterstützung aller Eltern. Elternvertretungen und Elterninitiativen sollten sich an die Landtagsabgeordneten ihrer Stadt wenden, um für die Erhöhung der Kita-Finanzierung durch den Freistaat Sachsen zu werben.

Inwiefern setzten Sie sich für eine Verbesserung der Situation ein?

Ich habe als Abgeordnete und gemeinsam mit meiner Fraktion alle parlamentarischen Möglichkeiten genutzt, mich für die Themen Krippenausbau, Verbesserung Betreuungsschlüssel und Erhöhung Kita-Landespauschale, Fachkräftesicherung einzusetzen. Wir haben dazu seit 2005 nicht nur in den jeweiligen Haushaltsberatungen Änderungsanträge für eine Erhöhung des Landeszuschusses eingebracht, sondern auch zahlreiche Anfragen an die Staatsregierung gestellt, Anhörungen im zuständigen Schulausschuss des Landtages und Vor-Ort-Besuche in Kitas durchgeführt sowie Anträge dazu und einen Gesetzentwurf eingebracht.*

Welche Möglichkeiten haben Eltern / Politiker einer Kommune Möglichkeiten, beim Land Hilfe zur Verbesserung zu bekommen?

Fachliche Hilfe leistet u.a. das Landesjugendamt in beratender Funktion.
Jede Verbesserung auch im Kita-Bereich ist abhängig von dem politischen Willen der regierungstragenden Partei (also derzeit CDU) und deren politischer Mehrheit im Parlament. Entweder die CDU-FDP-Koalition wird überzeugt, dass für bessere Kita-Betreuung in Sachsen auch mehr Geld des Freistaates zur Verfügung gestellt werden muss oder die politischen Mehrheiten im Landtag müssen sich nach einer Wahl ändern. Darüber hinaus können die Kommunen über den Sächsischen Städte- und Gemeindetag (SSG) sowie den Sächsischen Landkreistag (SLKT) jeweils Stellung auch zum Thema Kindertagesbetreuung gegenüber der Landesregierung nehmen und eine bessere Finanzierung und Personalausstattung einfordern.

Fachpolitisch ist es auch möglich, sich an den Landesjugendhilfeausschuss zu wenden, der nach §11 Landesjugendhilfegesetz über alle wesentlichen Fragen der Kinder- und Jugendhilfe in Sachsen berät. Der LJHA hat u.a. eine Stellungnahme zur Evaluation des Sächsischen Bildungsplanes in den Kitas verfasst.
Eltern sollten sich in Elterninitiativen und mit den Trägern der Kindertageseinrichtungen für eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels stark machen (siehe auch Antwort auf Frage 1 und 3). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, eine Petition an den Sächsischen Landtag (www.landtag.sachsen.de) einzureichen.

Welche Rolle spielt der Bund bei dem Thema Kinderbetreuung? Inwiefern ist er Ansprechpartner für die Verbesserung der kommunalen Situation?

Der Bund hat mit dem Bundestag als Gesetzgeber zunächst 1996 den bundesweiten Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz und im Jahr 2008 mit dem Kinderförderungsgesetz den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz beschlossen. Für den Krippenausbau wurden den Landkreisen und kreisfreien Städten seitdem 4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Davon waren 2,1 Mrd. Euro Investitionsmittel und 1,9 Mrd. Euro eine Anschubfinanzierung für die Betriebskosten in den neuen Krippen. Der Bund hat seine finanzielle Beteiligung für den Ausbau der Kita-Betreuung erhöht, jedoch ist davon auszugehen, dass die Mittel nicht ausreichend sind und die Hauptlast der dauerhaften Finanzierung liegt weiterhin bei den Kommunen: „Insgesamt gibt der Bund den Ländern bis 2014 fast 5,4 Milliarden Euro, um zusätzliche Plätze in Kitas und in der Kindertagespflege zu schaffen und ihren Betrieb zu finanzieren. Ab 2015 unterstützt der Bund den dauerhaften Betrieb der neu geschaffenen Kitaplätze mit jährlich 845 Millionen Euro. Von den 5,4 Milliarden Euro des Bundes stehen rund 2,7 Milliarden Euro in einem speziellen Sondervermögen für den Bau und die Einrichtung neuer Betreuungsplätze zur Verfügung, auf das die Länder anteilig zugreifen dürfen. Außerdem weist der Bund den Ländern für die Betriebskosten von neuen Betreuungsplätzen bis 2014 rund 2,7 Milliarden Euro zu.“ (Quelle: BMFSFJ)

Grundsätzlich ist die Bereitstellung von Kita-Plätzen jedoch Sache der Kommunen (siehe Antwort Frage 1). Jedoch existiert ein finanzieller Zusammenhang dahingehend, dass es einerseits einen Länderfinanzausgleich gibt und einen Finanzausgleich zwischen dem Freistaat Sachsen und den sächsischen Kommunen, damit diese ihre Pflichtaufgaben finanzieren können.

*

Kleine Anfragen an die Staatsregierung:

Drs. 5/1167 Kita-Platz-Mangel in Sachsen
Drs. 5/1215 Zusätzliche Kosten des Freistaates für die Kinderbetreuung
Drs. 5/1216 Schließung oder Neuschaffung von Kindertagesstätten in Sachsen
Drs. 5/3505 Kita-Zugangskriterien in den Landkreisen
Drs. 5/11090 Voraussetzungen für die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz für Kinder unter 3 Jahren in Sachsen
Drs. 5/11531 Freiwilligendienste in Kitas

Antrag 5/1349 Umsetzung des Sächsischen Bildungsplanes in Kindertagesstätten

Dazu: Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung des Antrags zum Bildungsplan (31.05.2010 Schulausschuss) und Stellungnahme des Kultusministeriums

Drs. 5/7281 Kita-Weiterentwicklungsgesetz
Drs. 5/7281 Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung des Kita-Gesetzes im Schulausschuss am 13.01.2012
Große Anfragen an die Staatsregierung:
Drs. 5/5465 Situation der Beschäftigten in der Kinder- und Jugendhilfe im Freistaat Sachsen
Drs. 5/5612 15 Jahre Jugendpolitisches Programm der Sächsischen Staatsregierung – Bilanzierung und Evaluierung

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