Wir fordern eine adäquate Mangelverwaltung

Am 10.03.2014 titelte die Leipziger Volkszeitung: „Keine freien Kita-Plätze bis September“ und bezieht sich dabei auf ein Schreiben des Leipziger Jugendamts an eine Familie, in dem es heiße: „Nach intensiver Prüfung der Kapazitäten in den Kindertageseinrichtungen in der Stadt Leipzig kann der Familie am heutigen Tag kein Betreuungsangebot in einer Kindertageseinrichtung vor dem 01.09.2014 unterbreitet werden.“ Die FDP-Fraktion wolle nun im Stadtrat monatlich die Zahl der freien Kita-Plätze erfragen. Die Stadt Leipzig verspricht ihrerseits, im Jahr 2014 allein 5000 zusätzliche Kinderbetreuungsplätze zu schaffen, obwohl sie ihre selbst vorgegeben Ausbauziele in den vergangenen Jahren nicht annähernd erfüllen konnte (2013 wurden 2500 neue Plätze versprochen, 1568 Plätze realisiert, davon 316 Plätze in bereits bestehenden Einrichtungen und 278 Plätze in der Tagespflege). Zahlreiche Kinder, die bis zu ihrem 3. Geburtstag durch Tagesmütter/-väter betreut wurden finden danach keine Plätze in Kindertagesstätten. Uns erreichen vermehrt Meldungen von Menschen, die in Leipzig Kindertagesstätten bzw. Kita-Elterninitiativen eröffnen möchten, die trotz des faktischen Platzmangels auf Demotivation durch das Jugendamt, Widerstand und bürokratische Hürden statt auf Unterstützung treffen.

Wir fragen: Leipzig, was soll das?

Wir verstehen, dass die Kinderbetreuung für die Kommunen eine enorme, nicht zuletzt finanzielle Herausforderung ist. Wir verstehen auch, dass Leipzigs stetig wachsende Geburten- und Zuzugszahlen diese noch einmal verschärfen. Wir sehen das Problem, dass die Zuschüsse pro Kind und Platz von Seiten des Landes Sachsen seit 2005 nicht erhöhen wurden, trotz steigender Kosten. Es ist uns auch klar, dass Kindertagesstätten nicht ohne Weiteres in drei Wochen aus dem Boden gestampft werden können.

Die Stadt Leipzig muss ihrer Verantwortung für die Familien trotz alledem gerecht werden!

Es dürfen nicht die Eltern heute dafür büßen, dass die Stadt jahrelang – jahrzehntelang! – den Ausbau der Kinderbetreuung versäumt hat. Die einzig nennenswerten und für die Eltern tatsächlich sichtbaren Veränderungen der letzten zwei Jahre im Bereich der Kinderbetreuung waren die begrüßenswerte offizielle Abfrage des Betreuungsbedarfs einerseits und die Erhöhung der Elternbeiträge für die Krippen- und Kindergartenplätze andererseits. Das ist nicht akzeptabel!

Wir fordern von der Stadt endlich echte Unterstützungsangebote in Zeiten des Betreuungsplatzmangels, konkret:

1. Unterstützung durch das Jugendamt

Die Leipziger Eltern fühlen sich durch das Leipziger Jugendamt nicht ernst genommen, geschweige denn unterstützt. Die Beratung durch die zuständige Stelle (Rathaus Waren) ist ungenügend, oft herablassend und absolut nicht hilfreich. Wir fordern eine Aufstockung der zuständigen Stellen, häufigere, familienfreundliche Sprechzeiten, längere Beratungstermine und freundliche, kompetente MitarbeiterInnen, die sich der großen Problemen und Sorgen, die die desolate Kinderbetreuungssituation für die Familien mit sich bringt, vertrauensvoll und empathisch annehmen und die möglichen Alternativen – von alternativen Betreuungsmöglichkeiten bis zur Klage – offen und verständlich aufzeigen. Wird fordern ferner, dass die Stadt entsprechende Qualitätskontrollen der Beratung durchführt. Eltern dürfen nicht länger als Bittsteller behandelt werden! Das ist das Mindeste, was die Stadt den Leipziger Eltern bieten muss!

2. Verbesserung der Informationsweitergabe

Wir fordern, dass die Leipziger Eltern alle entscheidenden Informationen darüber, wie sie ihren Anspruch auf Kinderbetreuung fristgerecht anmelden und durchsetzen können mit der Geburtsurkunde bekommen. Insbesondere fordern wir, dass das Jugendamt mit den Eltern bei Abholung der Geburtsurkunde ein Aufklärungsgespräch führt, in dem ihnen mitgeteilt wird, dass sie ihren Betreuungsbedarf 6 Monate vor gewünschtem Betreuungsbeginn offiziell bei der Stadt anzumelden haben, um ihrer Mitwirkungspflicht nachzukommen. Das Stattfinden dieses Aufklärungsgesprächs sollte schriftlich von beiden Seiten via Unterschrift direkt vor Ort bestätigt werden. Auf diese Weise würde sichergestellt, dass sich definitiv alle Eltern über diesen Sachverhalt im Klaren sind. Anderenfalls müssen wir davon ausgehen, dass die Stadt die Anforderungen verschleiert, um etwa Hürden bei der Durchsetzung des Rechtsanspruchs aufzubauen.

3. Anbieten von Übergangslösungen

Die Stadt muss den Eltern Übergangslösungen anbieten. Wir fordern, dass schnellstmöglich Zwischenlösungen geschaffen werden, solange Leipzig nicht einmal annähernd für alle Familien, die ihre Kinder in Kindertagesstätten oder Kindertagespflege betreuen lassen möchten oder müssen, Betreuungsplätze bieten kann. Vorstellbar sind etwa kurzfristig eingerichtete Betreuungsstätten mit professionellem Betreuungspersonal, in der Familien, die nachweislich keine Betreuung für ihre Kinder bekommen konnten, ihre Kinder dennoch betreuen lassen können bis sie Plätze in einer Kindertagesstätte oder Kindertagespflege gefunden haben. Denkbar wäre auch ein Gutscheinsystem, dass Eltern dazu berechtigt, ihre Kinder stundenweise in Betreuungseinrichtungen wie „Wiesenknopf“ zu geben, wobei die Kosten direkt durch die Stadt übernommen werden. Falls es hier bürokratische Probleme gibt, muss die Stadt Leipzig sich selbstständig und schnell darum kümmern, diese zu lokalisieren und zu eruieren, wie sie in dieser akuten Notfallsituation umgangen werden können!

Wir fordern die Einrichtungen eines entsprechenden „Krisenstabs Kinderbetreuung“, der sich mit diesen Problem und Möglichkeiten auseinandersetzt.

Wir Leipziger Eltern sind bereit zu akzeptieren, dass die Probleme für die Stadt akut nicht einfach zu beheben sind. Wir erwarten aber auch, dass die Stadt anerkennt, welche großen Probleme die Situation für Leipziger Familien mit sich bringt. Dazu gehört, dass die Stadt den Mangel aktiv verwaltet! Einfach von Jahr zu Jahr höhere, unrealistische Ausbauzahlen zu versprechen, reicht nicht aus und ändert nichts an den Problemen, die wir Familien hier und heute durch die Versäumnisse der Stadt haben!

Die Kommunen müssen Kinderbetreuung zur Verfügung stellen. Leipzig kann dies derzeit nicht ausreichend bieten, also erwarten wir Hilfestellungen für die betroffenen Familien! Unverzüglich!

(Wir haben der Stadt Leipzig dieses Schreiben geschickt und um Stellungnahme bis 25.03. gebeten. Wir sind gespannt.)

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3 Antworten zu “Wir fordern eine adäquate Mangelverwaltung

  1. Nur die zentrale Verwaltung aller Plätze ist die Lösung … das beugt den Schmiergeldzahlungen vor!!!!

  2. Pingback: Es tut sich etwas (?) | Die Leipziger Kita-Initiative

  3. Pingback: Kita-News Februar / März 2014 | Die Leipziger Kita-Initiative

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