- Infos gibt es auf der Seite http://betreuungsschluessel-sachsen.de/
- Powerpoint-Präsentation unserer AG ‚Kita-Betreuungsschlüssel Sachsen‘ zum Thema Kita-Betreuungsschlüssel Sachsen
Ein Schlüssel von 1:12 bedeutet nicht, dass eine Erzieherin maximal 12 Kinder betreuen darf!
In § 12/1 des Sächsischen Kitagesetzes heißt es: „ Kindertageseinrichtungen müssen über eine ausreichende Anzahl pädagogischer Fachkräfte für die Leitung und die Arbeit mit den Kindern verfügen. Die Arbeit der Fachkräfte kann durch weitere geeignete Mitarbeiter sowie durch Eltern unterstützt werden.“ Und weiter in Abs. 2: „Es gelten in der Regel folgende Personalschlüssel: Kinderkrippe: eine vollbeschäftigte pädagogische Fachkraft für 5 Kinder, Kindergarten: eine vollbeschäftigte pädagogische Fachkraft für 12 Kinder“.
Wichtig für das Verständnis des Personalschlüssels ist:
1. Der Betreuungsschlüssel ist keine Sache der Stadt/Gemeinde ist, in der ihr lebt und auch nicht des Trägers eurer Kita oder der Kita bzw. der Kita-Leitung! Festgesetzt wird dieser Schlüssel auf Landesebene, sprich: im sächsischen Landtag durch die regierenden Parteien. Ihr entscheidet also vor allem durch euren Wahlzettel, ob sich hieran etwas ändert. (Für deutlich bessere Schlüssel setzen sich nicht-konservative Parteien wie die Grünen, die Linke, die SPD oder auch die FDP seit jeher ein.)
2. Es handelt sich um einen Personalsschlüssel, nicht um einen Gruppenschlüssel. Ein Schlüssel von 1:12 bedeutet nicht, dass eine Erzieherin maximal 12 Kinder betreuen darf. Der entscheidende Punkt hierbei ist die Formulierung „eine vollbeschäftigte Fachkraft“. Das Problem: Viele Erzieherinnen und Erzieher haben lediglich Teilzeitstellen. Berechnet wird aber (vereinfach gesagt) die Gesamtanzahl aller Kinder bzw. deren (sehr unterschiedliche) Betreuungsstunden durch die Gesamtanzahl der (theoretischen) Vollzeitkräfte (nach Gesamt-Arbeitsstunden). Hinzu kommen Urlaubs- und Krankentage der Fachkräfte, die die Situation – gerade in den Herbst- und Wintermonaten – verschärfen und die nicht mit eingerechnet sind.* Es handelt sich beim Personalschlüssel insofern um eine Reisbrettberechnung, die mit der Betreuungsrealität nicht viel gemein hat! In der Kernbetreuungszeit (meist zwischen 9 und 15 Uhr) sind Gruppengrößen in Sachsen von 15-18 Kindern, die von einer Fachkraft betreut werden, normal und nach Aussage des Leipziger Jugendamts auch im rechtlichen Rahmen.
Forscher empfehlen eine tatsächliche Fachkraft-Kind-Relation* von maximal 1:10 im Kindergarten- und 1:4 im Krippenbereich für eine gute Betreuungsqualität. Das entspräche bei einem Anteil von 75% pädagogischer Arbeit – der im Personalschlüssel i.d.R. nicht ausgewiesen ist – einem Personalschlüssel von 1:7,5 im Kindergarten, sprich: Fast dem DOPPELTEN! des gegenwärtigen Personals! Die „Fachkraft-Kind-Relation“ wäre auch etwas ganz anderes als der berechnete Personalschlüssel: Keine Berechnung von theoretischen Vollzeit-Fachkräften auf theoretisch zu betreuende Kinder, sondern eine Sichtung der tatsächlichen Relation: Welche Kinder sind wann da? Welche Erzieherinnen haben wann Arbeitszeit? Der Schlüssel sollte eigentlich zu jeder Zeit gewahrt werden, nicht nur morgens um 7 und nachmittags ab 16:30.
Initiativen, die sich für eine Verbesserung in Sachsen einsetzen und unterstützt werden können:
Wir verweisen hierzu auch auf die Seite der Elternvertretung Limbach-Oberfrona, die das Thema gut aufbereitet haben: Die wichtigsten Antworten zum Betreuungsschlüssel auf einen Blick.
Update 02/2015: Die sächsische Landesregierung hat eine schrittweise Verbesserung des Betreuungsschlüssels beschlossen, 2015 auf 1:12,5 im Ü3- und 1:5,5 im U3-Bereich und 2016 auf 1:12 im Ü3- und auf 1:5 im U3-Bereich. Erst Ende 2018 wird also der – rechnerische – Betreuungsschlüssel in Sachsen bei 1:5 in der Krippe und bei 1:12 in der Kita liegen.
Davon abgesehen, dass diese Verbesserung bei weitem nicht ausreicht, ist im Doppelhaushalt 2015/16 festgehalten, dass der Schlüssel auch dann als eingehalten gilt, wenn 20% Assistenzkräfte (d.h. Sozialassistentinnen und -assistenten und Kinderpflegerinnen und -pfleger) eingesetzt werden! Diese Assistenzkräfte werden geringer entlohnt als Erzieherinnen, durchlaufen eine Ausbildung von 1-2 statt 5 Jahren und dürfen die Kinder nicht ohne eine ausgebildete frühpädagogische Fachkraft betreuen, was bedeutet, dass die Fachkräfte eher be- statt entlastet werden, da sie Assistenzkräfte angeleitet und kontrolliert werden müssen. Die Assistenzkräfte sollen etwa Aufgaben wie Windelnwechseln übernehmen – absurd, wenn man bedenkt, dass gerade diese Tätigkeit eine der intimsten im Kita-Alltag sein dürfte!
Update 08/2015: Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zur Betreuungsqualität im frühkindlichen Bereich bescheinigt Sachsen erneut den letzten Platz in Sachen Betreuungsqualität: „Auf eine vollzeitbeschäftigte Kita-Fachkraft kommen in Sachsen durchschnittlich 6,5 ganztags betreute Krippen- oder 13,6 Kindergartenkinder. Damit bieten die sächsischen Kitas den unter Dreijährigen die bundesweit ungünstigsten und den Kindern ab drei Jahren die bundesweit zweitungünstigsten Betreuungsverhältnisse.“
Update 10/2016: Vertreterinnen der Initiative „Weil Kinder Zeit brauchen“ haben für Bornaer Kitas berechnet, dass durch den seit dem 01.09.2016 geltenden „verbesserten“ Personalsschlüssel im Ü3-Bereich von 1:13 auf 1:12 ein 9-Stunden-Kindergartenkind pro Tag lediglich 3 min und 4,8 sek mehr individuelle Betreuungszeit als im September 2014 zukommt. „Der neue Betreuungsschlüssel bringt weder Erziehern noch Kindern mehr Qualität und Quantität in der pädagogischen Arbeit. In keiner unserer Kitas konnte mehr Personal zur Entlastung der pädagogischen Fachkräfte eingestellt werden.“
* Der Personalschlüssel ist eine rechnerische Größe und bildet das Verhältnis von vorhandenem Personal und betreuten Kindern in Form eines Vollzeitäquivalentes ab. Die Fachkraft-Kind-Relation beschreibt dagegen, für wie viele Kinder eine pädagogische Fachkraft in der direkten Arbeit verfügbar ist. Hier müssen also Fehlzeiten durch Krankheit, Urlaub oder externe Fortbildungen ebenso wie die Anteile mittelbarer pädagogischer Arbeitszeit (z.B. Führen von Elterngesprächen; Teamsitzungen; Dokumentation und Aufbereitung von Beobachtungsergebnissen) herausgerechnet werden. (Quelle: Viernickel u.a. (2013): Forschungsbericht: Schlüssel zu guter Bildung, Erziehung und Betreuung, Hrsg. von Der Paritätsche, Diakonie, GEW.)
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Davon mal ab, das Assistenzkräfte gar nicht erst eingestellt werden, sondern Buftis deren Stellen einnehmen. Die werden noch geringer entlohnt und haben überhaupt keine pädagogische Vorbildung.. Ausser sie haben einen Babysitter Kurs absolviert und oder Erfahrung durch jüngere Geschwister. Ich habe wirklich noch nie eine ausgebildete Assistenzkraft in einer Einrichtung erlebt. Bin Erzieherin.
Liebe Maria, vielen Dank für deinen Kommentar. Die Verbesserung des Betreuungsschlüssels ist eine wichtige Forderung, die ich uneingeschränkt unterstütze.
Die Kita-Gebühr ist aus meiner Sicht ein falsches Signal und führt nicht zur Qualitätssteigerung in den Kitas. Eltern, die über ein geringes Einkommen verfügen, können sich bereits jetzt einen Teil bzw. den gesamten Betrag finanzieren lassen.
Was verbinden sie mit dieser Forderung? Welche Verbindung sehen sie zwischen Gebührenfreiheit und Betreuungsschlüssel bzw. Qualität der Betreuung? Beste Grüße von Katja