Archiv der Kategorie: Probleme durch fehlende Plätze

6 Forderungen der vom Kitaplatz-Mangel betroffenen Leipziger Familien

Forderungskatalog der Leipziger Kita-Initiative angesichts der desolaten Kinderbetreuungssituation in Leipzig 

Seit 2012 verfolgen und kommentieren wir als Leipziger Kita-Initiative, ein Interessen- und Aktionsnetzwerks Leipziger Eltern, Pädagoginnen und Interessierter, das Kita-Geschehen in Leipzig und Sachsen aktiv. Wir sehen und verstehen, dass die Situation rund um die Kinderbetreuung komplex ist. Der Ausbau von Einrichtungen geht stetig voran. Das Kita-Portal wurde verändert. Die Verwaltung gibt inzwischen fehlende Plätze zu. Der Planungs- und Bauprozess soll mit Hilfe einer „Task Force“ verschlankt werden. Fehlende Investoren und fehlende Grundstücke bleiben ein großes Problem…

ABER: Viele Leipziger Eltern sind JETZT akut vom Kitaplatz-Mangel betroffen! Das Bild der 450 anstehenden Familien vor einer Leipziger Kita, die 165 Plätze zu vergeben hat, spricht Bände! Wir akzeptieren nicht länger, dass durch den Fokus auf den Ausbau die heutigen Probleme der zum Teil verzweifelten  Leipziger Familien ignoriert werden!

Eltern verlieren ihren Arbeitsplatz, weil sie aufgrund fehlender Betreuung nicht rechtzeitig zurück in den Job können! Eltern beantragen trotz Arbeitsmöglichkeit Arbeitslosengeld als Übergangslösung! Sachbearbeiterfähigkeiten, viel Durchhaltevermögen und eine unendliche Frustrationstoleanz braucht es in Leipzig beim Versuch, eine Kinderbetreuung zu finden. Viele Eltern entwickeln ernsthafte Stress-Symptome und empfinden die Kinderbetreuungssituation nicht nur als nervig oder frustrierend, sondern als ernsthaft existenzbedrohend! Schöne neue Elternzeit!

So kann es nicht weitergehen! Nehmt uns endlich wahr und nehmt uns ernst!

Deshalb fordern wir von den Verantwortlichen – dem Stadtrat, dem Leipziger Oberbürgermeister Jung, Sozialbürgermeister Thomas Fabian, dem Leipziger Jugendamt und allen anderen am Prozess Beteiligten – einen anderen Umgang mit uns verzweifelt nach Kinderbetreuung suchenden Eltern! Wir wollen nicht länger als anonyme Zahl behandelt werden!

Hier sind unsere 6 Forderungen:

1. Wir fordern Gehör und Beteiligung! Wir fordern, dass die Stadt vom Mangel betroffene Eltern anhört, indem Vertreterinnen etwa bei der Stadtratssitzung sprechen dürfen, in den relevanten Ausschüssen bzw. -beiräten einen Sitz bekommen oder zumindest regelmäßig persönliche Gespräche mit den Verantwortlichen geführt werden. Vorstellbar wäre auch eine Integration unserer Gruppe in den Gesamtelternrat Leipziger Kindertageseinrichtungen. Auch der durch den Jugendamtsleiter ins Leben gerufene, dann aber eingeschlafene „runde Tisch Kita“ könnte reaktiviert werden.

2. Wir fordern Information! Wir fordern regelmäßige öffentliche Eltern- und Informationsabende, mindestens zwei Mal im Jahr, bei denen die Verantwortlichen sich offen und transparent den Fragen (und dem Frust) der nach Kitaplätzen suchenden Eltern stellen und ihnen kompetent Rede und Antwort stehen!

3. Wir fordern Transparenz! Wir fordern eine  sinnvolle Lösung der Platzvergabe unter Bedingungen des Platzmangels! Im Sinne einer angemessenen Mangelverwaltung fordern wir eine einheitliche Vergabe der Betreuungsplätze über das Kita-Portal sowie Transparenz bei der Vergabe! Die Eltern, die am längsten warten, sollten als Erste verfügbare Plätze bekommen! Alleinerziehende sollten stärker berücksichtigt werden! Alle Kita-Leitungen sollten verpflichtet werden, die Anfragen der Eltern über das Portal so zeitnah wie möglich zu bearbeiten! Eltern sollten regelmäßige E-Mails bzgl. des Stands der Bearbeitung ihrer Anfrage und der Vergabe informiert werden! Kita-Leitungen sollten durch die für das Portal zuständige Firma geschult werden, um etwa die permanente Falsch-Einstellung von Plätzen zu vermeiden!

4. Wir fordern Unterstützung! Wir fordern das Jugendamt auf, suchende Eltern wirklich zu unterstützen! Das Jugendamt sollte Eltern regelmäßig aktualisierte Kontaktlisten zu Kitas und Tageseltern direkt mit der Referenznummer aushändigen und idealerweise auch Informationen zu den Vergabe-Modalitäten der einzelnen Kitas mitliefern. Das Erfragen der Vergabe bei den Leitungen verursacht unsäglichen Stress für Eltern und Einrichtungen! Wir fordern, dass die Eltern nicht durch die Mitarbeiter_innen des Jugendamts dazu befragt werden, ob der Betreuungstermin nach hinten verschoben werden kann!

5. Wir fordern mehr Kitaplätze! Neben den üblichen Ausbaubemühungen fordern wir Unterstützung und Förderung von engagierten Gründungswilligen, etwa indem eine Kita-Gründungsberatung angeboten wird. Wir fordern die Unterstützung von Klein-Kitas und Kinderläden! Wir fordern Gespräche und Kooperation der Stadt mit Arbeitgebern, um mehr Betriebskitas und eine Betreuung der Kinder in Elternnähe zu ermöglichen! Wir fordern realistischere Bedarfsplanung und Fokus auf den Ausbau im U3-Bereich! Wir fordern, dass die Stadt zur Not selbst mehr Krippen und Kitas baut und betreibt, anstatt Last und Verantwortung für die Kinderbetreuung (unter dem Deckmantel der Vielfaltsförderung) auf die freien Träger abzuwälzen!

6. Wir fordern Entschuldigungen und gegebenenfalls Entschädigungen! Als Zeichen, dass wir gehört werden, möchten wir öffentlich als relevante Gruppe behandelt werden.

Für den 21.06.2017 haben wir ab 15:30 eine Demonstration vor dem neuen Rathaus zum Thema angemeldet, bei der wir unsere Forderungen lautstark vertreten wollen. Link zur Facebook-Veranstaltung: https://www.facebook.com/events/296039137488955/ – Bitte kräftig teilen!

Wir fordern die verantwortlichen Entscheidungsträgerinnen auf, mit uns in Kontakt zu treten unter leipziger.kitainitiative@gmail.com und zu den Forderungen Stellung zu beziehen. Politikerinnen, die uns unterstützen können und wollen – etwa durch entsprechende Stadtratsanträge, durch Kostenunterstützung beim Flyerdruck, Planung und Umsetzung sowie Öffentlichkeitsarbeit für die Demonstration, mögen sich bitte zeitnah bei uns melden.

Eltern und Engagierte, die uns bei der Vorbereitung und Umsetzung der Demonstration am 21.06. unterstützen möchten, melden sich ebenfalls unter leipziger.kitainitiative@gmail.com oder via Facebook auf unserer Seite oder in der Facebook-Gruppe LEOK – Leipziger Eltern ohne Kitaplatz. Lasst euch nicht übergehen – gemeinsam sind wir LAUTSTARK und können etwas verändern! Aber wir brauchen dafür dringend eure Hilfe! Meldet euch!

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Der steinige Weg zum Kitaplatz in Leipzig: Die richtigen Zeitpunkte für Anmeldung und Betreuungsbeginn

Liebe Eltern und Kita-Interessierte,

da sich im Moment bei uns die Anfragen häufen, wollen wir mit euch unser Wissen bezüglich des Kita-Jahres teilen. Bis wann sollte man sich in den Einrichtungen bewerben? Wann werden die Plätze vergeben und frei? Und warum ist es so schwer, im späten Winter und Frühjahr, einen Betreuungsplatz zu bekommen? Außerdem wollen wir Probleme äußern, die nach wie vor im Kita-Bereich bestehen.

Bewerbung bis Dezember, Platzvergabe von Februar bis Mai

Kindertagesstätten in Leipzig nehmen nach unseren Kenntnissen i.d.R neue Kinder häufig im Zeitraum Juni bis Januar auf, wobei der Kernzeitraum August bis November ist. Hintergrund ist der, dass jedes Jahr im August/September normalerweise ein Schwung Kinder die Einrichtung verlässt, da sie in die Schule wechseln. So werden zu diesem Zeitpunkt auf einen Schlag einige Plätze frei. Mal mehrere, mal weniger davon werden direkt mit Geschwisterkindern besetzt, der Rest kann dann nach außen vergeben werden. Oft sind das aber pro Einrichtung nur 3-5 Plätze und die Bewerbungen auf diese wenigen sehr viel mehr. Das ist das Dilemma der Kita-Leiter*innen. Gerade in beliebten familienreichen Vierteln ist die Überanfrage ein großes Problem, insbesondere im Krippenbereich, also bei Kindern unter 3 Jahren. Die Vergabe legen die Leiter*innen unseren Informationen zufolge meist in den Zeitraum Februar bis Mai eines Jahres. Sprich: Eure Bewerbung sollte also bis Dezember des Jahres, bevor das Kind einen Platz braucht, indem die Betreuung starten soll, in der Kita sein.

Probleme für Winter- und Frühlingskinder

Das führt zu einigen, seit langem bekannten Problemen. So haben Familien, die einen Betreuungsbeginn für Zeiträume außerhalb der Kernzeit August bis November liegen, etwa weil das Kind dann 1, 2 oder 3 Jahre alt wird, sehr häufig Probleme, einen Platz zum benötigten Zeitraum zu bekommen. Nicht wenige greifen ihre Arbeitstätigkeit deshalb später auf als eigentlich geplant. Drei Leipziger Familien haben deshalb ihre Lohnausfälle bei der Stadt eingeklagt.

Keine nahtlose Kinderbetreuung bei Umzug nach Leipzig

Auch für Zuzügler*innen stellt diese Praxis ein Problem dar. Wer spontan, beispielsweise aufgrund einer neuen Arbeitsstelle nach Leipzig zieht, vor allem in den Monaten Februar bis Mai/Juni, hat kaum Chancen, nahtlos einen Betreuungsplatz zu finden. Ein kleiner Lichtblick sind Einrichtungen, die gerade neu eröffnen. Informationen hierzu findet ihr auf der Seite der Stadt Leipzig: http://www.leipzig.de/jugend-familie-und-soziales/kinderbetreuung/kindertagesstaetten/kitaneubauten/. Wichtige Informationen für Zuzügler*innen außerdem: Um auf dem Leipziger Kita-Portal www.meinkitaplatz-leipzig.de, bei der Stadt offiziell seinen Betreuungswunsch mit gewünschtem Starttermin und Einrichtung angeben und einen Betreuungsvertrag unterschreiben zu können, benötigt es in Leipzig eine Referenznummer vom Jugendamt. Auf der Seite findet ihr ganz unten rechts einen Download-Bereich. Dort könnt ihr den so genannten „Ticketantrag“ herunterladen, ausfüllen und mit Kopie der Geburtsurkunde und Personalausweis per Post oder Mail an die angegebene Adresse senden.  Dann bekommt ihr eine Referenznummer zugesendet.

EDIT: Eine Leipziger Mutter hat uns bzgl. der von uns angenommenen „Sperre“ darauf hingewiesen, dass man im Kita-Portal die Anschlussbetreuung im Account für das jeweilige Kind aktivieren und dann normal bis zu 5 Wunschkitas angeben kann – nur die Kitas, von denen man bereits eine Absage bekommen hat, sind nach wie vor gesperrt. Die Familie suche eine Anschlussbetreuung nach der Tagespflege ab Januar 2018 und habe den Anschlussbedarf für einen Kita-Platz bereits im November 2016 erfolgreich im Kitaportal über ihren Account aktiviert und auch schon mit ersten Kitas telefoniert. Diese hätten die Anmeldung über das Portal  auch bekommen und es wurde ein weiteres Telefonat im März ausgemacht, da dann die konkreten Planungen erfolgen. Die Mutter empfiehlt in jedem Fall eine persönliche Kontaktaufnahme nach der „offiziellen“ Anmeldung über das Portal.

Wir suchen für Januar 2018 einen Kitaplatz, bis dahin ist unser Sohn bei der Tagesmutti. Ich habe den Anschlussbedarf bereits im November 2016 erfolgreich im Kitaportal über unseren Account aktiviert und auch schon mit den ersten Kitas telefoniert. Die haben die Anmeldung über das Portal  auch bekommen und wir haben ein weiteres Telefonat im März ausgemacht, da dann die konkreten Planungen erfolgen. Eine evtl. frühere Aufnahme im Herbst müssen wir individuell absprechen, da sind die Kitas sehr unterschiedlich. Ich denke, eine persönliche Kontaktaufnahme nach der „offiziellen“ Anmeldung über das Portal ist weiterhin notwendig.

Problematischer Wechsel von der Tagespflege zur Kita 

Auch Kinder, die bis zum 3. Geburtstag bei Tageseltern betreut werden, haben nach wie vor Probleme, eine Anschlussbetreuung zu finden. Die Stadt verweist hier darauf, dass die Eltern den jeweiligen Träger der Tagespflege rechtzeitig ansprechen sollen, ob ein Kitaplatz in einer der Einrichtungen des Trägers für das Tagespflegekind vorgehalten werden kann. (Anmerkung: Tageseltern arbeiten in den allermeisten Fällen unter einem der großen Träger, die auch Kitas betreiben.) In der Praxis scheint dies häufig nicht zu funktionieren und die Eltern suchen doch wieder auf eigene Faust nach einem Ü3-Platz. Hierbei ergibt sich das Problem, dass durch den bestehenden Betreuungsvertrag mit der Tagespflege das Kind als versorgt gilt und die Referenznummer bis zum Tag des Vertragsendes blockiert ist. So kann diese Familie die Nummer weder nutzen, um im Kita-Portal Wunscheinrichtungen anzugeben, noch um einen Vertrag in einer Kita zu unterschreiben. Eine Lösung scheint es hierfür momentan nicht zu geben, sodass es in vielen Familien zu einer Betreuungsplatzlücke zwischen Tagespflege und Kita zu kommen scheint.

Keine Bearbeitung der Anfragen über das Kita-Portal

Mit dem Kita-Portal sind viele Eltern offenbar auch nach Einführung der Möglichkeit der Angabe von Wunscheinrichtungen unzufrieden, da die Kitas die Anfragen über das Portal wohl mehrheitlich nicht bearbeiten. Dieser Zustand ist natürlich äußerst unbefriedigend und Eltern sind immernoch gezwungen, alle Einrichtungen abzutelefonieren, überall einzeln das Anmeldeprozedere zu erfragen, sich in vielen Kitas zu bewerben und bis kurz vor dem 1. Arbeitstag zu bangen. Der Zustand ist nach wie vor für die Familien schwierig und es ist auch für uns nicht ersichtlich, inwiefern seitens der Stadt bzgl. der Platzvergabe noch an Verbesserungen gearbeitet wird. Grundsätzlich liegt das „Problem“ in Leipzig auch darin, dass der überwiegende Teil der Kindertagesstätten unter freien Trägern wie der Diakonie, dem Kinderschutzbund oder dem Fairbund e.V. läuft. Die Stadt selbst betreibt nur wenige Kitas und kann deshalb auch nur über eine begrenzte Anzahl Betreuungsplätze selbst verfügen. Auf die Plätze in den Kitas der freien Träger kann die Stadt nicht zugreifen, nicht über sie verfügen! Und sie kann die Träger nicht zwingen, das Portal zur Verwaltung und Vergabe zu nutzen. Die Träger wiederum wollen ihre Autonomie bei der Platzvergabe aus Planungsgründen gewahrt wissen. Häufig haben die Kita-Leiter*innen über die Jahre andere Taktiken und eingeschliffene Verfahren entwickelt, ihre wenigen Plätze zu vergeben und sehen das Portal offenbar eher als Belastung, denn als Bereicherung.

Zu wenig Plätze im Krippenbereich

Im Bereich der unter 3-Jährigen gibt es trotz aller Ausbaubemühungen noch immer nicht ausreichend Plätze.

Betreuungsschlüssel-Dilemma 

Der Betreuungsschlüssel in Sachsens Kitas ist nach wie vor einer der schlechtesten in Deutschland. Auch die marginalen Änderungen auf Landesebene haben hier nicht wirklich zur Entspannung beigetragen, wie die Initiative „Weil Kinder Zeit brauchen“ im Oktober berichtet hat. Wichtig zu verstehen ist, 1. dass die Festlegung und Verbesserung der Personalschlüssel in Sachsens Kitas auf Sachsenebene geschehen muss. Die Stadt kann diesen Aspekt also nicht einfach ohne Weiteres  ändern, da sie auf die Betriebskostenzuschüsse von Seiten des Landes angewiesen ist und diese wohl nur entsprechend des Mindestschlüssels gezahlt werden. 2. bedeutet der Betreuungsschlüssel von 1 zu 5 im Krippen- und 1 zu 12 im Ü3-Bereich nicht, dass eine pädagogische Fachkraft maximal 5 bzw. 12 Kinder betreut. Es handelt sich hierbei um eine Berechnung. I.d.R. sind in Sachsens Kitas eher Gruppengrößen von 15 bis 18 Kindern im Ü3-Bereich normal – und das entspricht auch dem Schlüssel. (Mehr Informationen dazu hier.)

Was tun?

Was kann und muss getan werden, damit sich diese Missstände ändern? Wir versuchen seit 2012, den Finger in Wunden zu legen und auf Probleme aufmerksam zu machen. Wir sind mit Stadt und Jugendamt in den Dialog getreten, haben demonstriert, teilen Informationen, klären auf und beraten. Aber uns fehlen die Mitstreiter*innen, sodass die politische Seite unserer Arbeit aktuell zu kurz kommt. Wer mit uns etwas verändern will und die oben genannten Missstände aktiv angehen möchte, der melde sich unter: leipziger.kitainitiative@gmail.com. Wir können im Dialog mit den Verantwortlichen durchaus etwas erreichen! Wir können Stadträte ansprechen und bitten, die Themen auf die Agenda zu setzen! Wir können erfragen, wie Arbeitsstände aussehen, ob die Missstände noch bearbeitet werden usw.

Auf Sachsenebene ist das schon schwieriger. Hier arbeiten wir zum Beispiel mit http://www.weil-kinder-zeit-brauchen.de zusammen und versuchen, Kräfte von Bürgerinitaitiven zu bündeln, um Veränderungen anzustoßen. Auch die GEW ist ein guter Partner.

Nichtsdestotrotz scheint es gerade ruhig zu werden, um das Thema Kita. Die Wahlkämpfe sind vorbei, minimale Veränderungen wurden getan. Der Ausbau in Leipzig läuft, das Kita-Portal wurde relauncht. Der Leiter des Jugendamts ist nun schon einige Jahre im Dienst, ebenso wie der Sozialbürgermeister. Alle scheinen sich etwas zur Ruhe gesetzt zu haben. Die oben stehenden Probleme zeigen, dass das der nach wie vor problematischen Realität nicht angemessen ist.

Wechsel Tagespflege-Kita nach wie vor problematisch!

Kristin schildert ihre Erfahrungen des Wechsels von der Tagesmutter zur Kita in Leipzig:

„Mein Kind ist im März 2015 zwei Jahre alt geworden uns ist bei einer großartigen Tagesmutti in Betreuung. Dennoch habe ich mich bereits in diesem Jahr nach einem Kita-Platz für ihn umgeschaut – aus der Erfahrung heraus, dass die Plätze nun einmal zum Großteil zum Schuljahreswechsel vergeben werden und nicht, wie wir ihn eigentlich bräuchten, im März. Ich hatte auch Glück und habe in einer Einrichtung in der Nähe, die in freier Trägerschaft ist, einen Platz zum 1. September 2015 zugesagt bekommen. Das war Mitte Juni. Abgemacht war, dass wir uns Anfang Juli zusammensetzen und den Vertrag schließen.

Keine Platz-Zusage dank neuem Priorisierungsverfahren

Als ich wegen des Termins noch einmal angerufen habe, sagte die Leiterin, sie könne mir den Platz doch nicht geben, weil die Stadt ein neues Priorisierungsverfahren eingeführt habe: Kinder, die aufgenommen werden sollen, werden nach Punkten hinsichtlich der Dringlichkeit eingestuft. Ist ein Kind bereits in Betreuung, so wie wir durch den Platz bei der Tagesmutter, besteht keine Dringlichkeit. Würde mir die Leiterin den Platz geben, könnte das unter Umständen zu großen Problemen führen, weil bei Klageverfahren anderer Eltern dann die Klage durchkäme. (Im Sinne von: Da wurden die Plätze nicht nach Dringlichkeit vergeben.)

Keine Ü3-Betreuung bei den Tageseltern

Das verstehe ich im Prinzip auch, nichtsdestotrotz bin ich nun in der misslichen Lage, mich im März um einen Kindergartenplatz zu kümmern – obwohl ich eigentlich schon einen gehabt hätte. Laut Aussage einer Jugendamtsmitarbeiterin ist die Situation total rosig (keine Ironie ihrerseits): Es gäbe jetzt schon total viele freie Kindergartenplätze. Ich frage mich ehrlich gesagt, wo das sein soll und wohin ich mein Kind dann jeden Morgen fahren muss, wenn wir einen freien Platz bekommen sollten. Weitere Aussage der Jugendamtsmitarbeiterin: Es soll keine Ausnahmegenehmigungen mehr geben, dass Tagesmütter Kinder länger betreuen dürfen als bis zum 3. Geburtstag. Das verkompliziert die Lage noch einmal extrem, denn das würde bedeuten: Kindergärten MÜSSEN Plätze das ganze Jahr über vorhalten, damit die Kinder, die im Januar, März oder Juni Geburtstag haben SOFORT wechseln können. Eine Zusage vorher ist schließlich nicht möglich, eine Übergangsbetreuung bei der Tagesmutter aber auch nicht.

Hoffnung und Frustration

Ich finde dieses ganze System mal wieder mehr als misslich und bin gespannt, was bei uns passiert. Ich hoffe tatsächlich auf die Neubauten, die im Frühling eröffnen sollen oder deren Eröffnung sich seit Monaten verschiebt. Vielleicht haben wir dort Glück. Bis dahin bin ich einfach nur frustriert.“

Erfolgreiche Kita-Klage: 15.000 Euro auf den heißen Stein

Seit Jahren bemängeln wir den zögerlichen Kita-Ausbau und versuchen, auf die desolate Lage der Leipziger Eltern aufmerksam zu machen. Jedes Jahr verspricht die Stadt mehr Betreuungsplätze, zuletzt waren es 5000 für das Jahr 2014. Immer wieder werden nur Bruchteile davon realisiert. Mit dem Rechtsanspruch waren Klagen nur eine Frage der Zeit, dass die ersten erfolgreichen nun tatsächlich aus Leipzig kommen, ist bezeichnend für die nach wie vor hochproblematische Situation in der Stadt, die im Rathaus offenbar noch immer nicht ausreichend ernstgenommen wird.

Stadt verklagen als letzter Ausweg

Noch bis Mitte des vergangenen Jahres hat die Stadt immer wieder Betreuungslätze aus dem Hut zaubern können, sobald Eltern mit dem Jugendamt per Anwalt kommuniziert haben. Es war absehbar, dass das nicht ewig so weitergehen kann. Wir haben einigen Eltern zur Klage geraten und weisen auf unserer Webseite auch explizit auf diese Möglichkeit hin (siehe:https://leipziger-kita-initiative.com/rechtsanspruch-kitaplatz/https://leipziger-kita-initiative.com/kita-platz-wo-wie/). Wir gehen davon aus, dass in Leipzig mindestens 4000 Betreuungsplätze fehlen, kaum ein Kita-Projekt eröffnet zum geplanten Zeitpunkt. Den Eltern bleibt hier kaum etwas anderes übrig, als den Rechtsweg einzuschlagen. Den klagenden Eltern, mit denen auch wir gesprochen haben, ging es nicht zuletzt darum, andere Eltern zu ermutigen, sich den Umgang der Stadt mit dem Betreuungsplatzbedarf der Familien nicht gefallen zu lassen und tatsächlich den Rechtsweg konsequent zu bestreiten. Damit ist die Schonfrist nun endgültig vorbei! Es ist davon auszugehen, dass weitere Klagen folgen, wenn die Stadt nicht endlich aktiv wird. Wir können nur hoffen, dass die Dringlichkeit nun endgültig erkannt und ernstgenommen wird und die Verantwortlichen sich deutlich für eine effektive Verbesserung der Situation einsetzen werden. Ansonsten könnte es teuer werden…

Hoher Preis für Versäumnisse

Rechtsanspruch heißt nun einmal Rechtsanspruch, dieser wurde langfristig angekündigt. Bis zuletzt hat die Stadt offenbar gehofft, er würde nicht eingeführt. Erst ab 2013 hat sie dann den Handlungsbedarf ernstgenommen und den Bau zahlreicher neuer Plätze angekündigt. Eineinhalb Jahre sind seither vergangen, aber die Plätze reichen nach wie vor nicht. Jetzt rächt sich diese Vogel-Strauß-Politik.

Prozessoptimierung beim Kita-Bau notwendig

Es ist dringend nötig, dass die Stadt den Prozess zwischen Kita-Planung und -Eröffnung optimiert. In den vergangenen Jahren wurde kaum die Hälfte der jeweils geplanten zusätzlichen Plätze realisiert und 2014 nach unseren Recherchen gerade einmal 16% der angekündigten 5000. Die Stadt entschuldigt das immer wieder mit unvorhersehbaren Verzögerungen. Wenn das nun über Jahre so geht, dann muss der Kita-Bau-Prozess geprüft und optimiert werden. Jedes Unternehmen müsste das tun – oder pleite gehen. Es kann nicht sein, dass sich in dieser Situation der Baubeginn einer Kita um mehr als ein Jahr verzögert, weil das Amt für Gebäudemanagement so lange für die Prüfung eines Mietvertrags braucht, wie etwa bezüglich eines Projekts in der Rathenaustraße jüngst ans Licht kam. Im Moment agiert Leipzig unprofessionell und dilettantisch. Ein Armutszeugnis für eine Stadt, die so gerne bei den ganz Großen mitspielen möchte!

Kita-Platz-Situation bleibt problematisch – trotz Schadensersatz

Eltern erleben nach wie vor eine Tortur bei der Kitaplatz-Suche: Sie werden zum einen mit unzureichenden Informationen bezüglich der Betreuungsplätze versorgt, zum anderen kommt die Zusage für einen Betreuungsplatz – wenn überhaupt – oft erst kurz vor Arbeitsbeginn. Schadensersatz ist zwar ein gutes Zeichen für Eltern, behebt aber den eigentlichen Schaden nicht.

Stadt muss handeln!

Wir brauchen dringend ausreichend Kita-Plätze in allen Stadtvierteln, besonders in den familienreichen! Das fordern wir seit Jahren! Die Stadt muss handeln! Ja, der Kita-Ausbau ist ein Kraftakt für die Kommune. Durch die vielen Versäumnisse der Stadt entstehen aber vermeidbare Folgekosten in nicht abschätzbarer Höhe. Allen Beteiligten sollte daran gelegen sein, das zukünftig zu verhindern. Die Stadt muss endlich dem Bedarf an Betreuungsplätzen gerecht werden, indem sie Prozesse evaluiert und optimiert, für eine transparentes und gerechtes Vergabesystem sorgt und sich dann endlich für eine bessere Betreuungsqualität engagiert!

Betroffene Eltern (4): Keine Unterstützung vom Jugendamt

Ronny Eichhorn, einer der Initiatoren von LeiKiLa e.V., schildert in einem offenen Brief an den Jugendamtsleiter die verzweifelte Situation seiner Familie:

Sehr geehrter Dr. Nicolas Tsapos,

Angesichts der aktuellen Debatte um fehlende Kita-Plätze wird dies sicher nicht die einzige schriftliche Meldung sein, die (hoffentlich) über Ihren Tisch gehen wird. Dennoch sehen wir angesichts unserer dramatischen Situation keine andere Möglichkeit, als uns direkt an Sie zu wenden. Wir – Ronny 43, Ulrike 39, Esther 3, Jolantha 2 und ab Mai 2014 Baby Nummer drei – stehen ab Ende April vor einem Dilemma. Für unsere beiden Kinder haben wir dann keinerlei Betreuung mehr – die Tagesmutter zieht in eine andere Stadt – und auch überhaupt keine Aussicht auf zwei Plätze in einem Kindergarten. Dazu kommt noch verschärfend, dass wir, wie schon oben erwähnt, ab Mai einen weiteren Neuzugang in unserer Familie haben. Zwei Monate werden wir diesen Zustand irgendwie managen können, weil ich in Elternzeit gehen werde. Ab spätestens Mitte Juli sind wir dann mit unserem Latein am Ende. Ich muss wieder meiner Arbeit als Freier Mitarbeiter des MDR nachgehen, schlicht um die Familie zu ernähren. Wie dann meine Frau mit einem Säugling und zwei kleinen Kindern den Alltag bestreiten soll, ist uns bisher noch nicht klar.

Sicher, diese Situation trifft uns nicht ganz unvorbereitet. Da wir bereits im vergangenen Jahr wussten, wie schwer es ist, hier in Leipzig zwei für uns akzeptable Betreuungsplätze zu finden, hatten wir uns einer Elterninitiative angeschlossen. LeiKiLa e.V. hat sich auf die Fahnen geschrieben, selbst eine Klein-Kita zu gründen, die auch noch integrativ sein soll. Damals waren in der Initiative ausschließlich Eltern, die ein ähnliches Problem hatten wie wir. Eine tolle Idee, fanden wir und stürzten uns in die Arbeit. Leider fanden wir bei Ihrem Amt keine wirkliche Unterstützung – im Gegenteil. Ihr Vorgänger machte mehrfach unmissverständlich klar, dass eine Kita unter 75 Kindern nicht gewollt sei. Danach folgten Presseartikel, Fernseh- und Radiobeiträge und viele Gespräche und Vor-Ort-Termine mit unterschiedlichen MitarbeiterInnen Ihres Amtes. Ehrlich – bis heute habe ich keine wirkliche Unterstützung unserer Initiative gespürt. Jetzt viele Monate später ist unser geplanter Eröffnungstermin – Anfang August 2014 – in weite Ferne gerückt. Auch gab ein Großteil der Startbesetzung entnervt oder entmutigt auf.

Wir, die wir unglaublich viel Zeit, Kraft und Nerven in dieses Projekt gesteckt haben, stehen aktuell richtig mit dem Rücken zur Wand. Natürlich haben wir jetzt auch eine Bedarfsanmeldung an Ihr Amt verschickt. Doch ein Blick auf die Kitaplatz-Seite genügt, um zu sehen, wie groß unsere Chancen sind. Wir wissen auch, dass wir theoretisch unser Recht auf einen Kita-Platz einklagen könnten. Das wollen wir aber möglichst nicht tun, weil es am grundlegenden Problem nichts ändert. Wir benötigen hier und jetzt zwei Plätze in einer Einrichtung. Vielleicht könnte man sich ja mal zu einem Gespräch treffen. Wir würden Ihnen unsere Sicht der Dinge gern persönlich schildern. Aber vielleicht fällt Ihnen ja auch etwas ein, wie uns in unserer derzeit ausweglos scheinenden Situation geholfen werden kann.

Viele Grüße

Ronny Eichhorn

Kindervereinigung Leipzig: „Die Qualität der Betreuung leidet!“

Die Kita-Initiative im Gespräch mit Matthias Heinz, Geschäftsführer der Kindervereinigung Leipzig (e.V.):

In Leipzig haben Eltern erhebliche Probleme, Kitaplätze zu finden. Was kommt von den Problemen bei Ihnen an?

Wir bekommen täglich ca. 10 Anfragen für Betreuungsplätze, vor allem im Krippenbereich, welche wir abschlägig beantworten müssen. Die Eltern sind oftmals sehr verzweifelt, weil sie z.T. durch den fehlenden Kitaplatz ihre neue Arbeitsstelle nicht antreten können. Wir wissen also ziemlich genau, wie die Situation für die Eltern momentan in Leipzig ist.

Welche Schwierigkeiten haben Sie als Träger von Kindertagesstätten aufgrund der Situation

Eltern beschweren sich massiv vor Ort bei den Kitaleiterinnen über fehlende Betreuungsplätze. Wir versuchen über zeitweilig genehmigte Überbelegungen die Situation zu entschärfen. Darunter leidet aber wieder die Qualität der Betreuung in den Kitas.

Wie gehen Sie mit den Problemen um?

Wir versuchen, alle Möglichkeiten der Erweiterung von Kitaplätzen in unserem Verantwortungsbereich auszuschöpfen. Darüber hinaus berieten wir in einer Einrichtung gerade die Umsetzung eines Erweiterungsbaues für 85 Kinderplätze vor. Darüber hinaus haben wir noch 5 neue Kooperationsverträge mit Tagespflegepersonen abgeschlossen (25 zusätzliche Kinderbetreuungsplätze)

Was muss (aus Sicht der Träger) dringend verändert werden?

Es muss eine längerfristige Netzplanung für eine bedarfsgerechte Betreuung der Kinder im Vorschulbereich erfolgen. Die bürokratischen und finanziellen Hemmnisse für die Errichtung von Kindertagesstätten in Verantwortung der Freien Träger müssen dringend abgebaut werden. Der vom Freistaat Sachsen Betreuungsschlüssel im Kita-und Krippenbereich muss dringend verbessert werden. Die Stadt Leipzig muss weitere Kitas, welche zurzeit noch in Trägerschaft der Stadt Leipzig betrieben werden an Freie Träger abgeben. Diese können schneller, bedarfsgerechter und effektiver mit den Betreuungsplatzangeboten im Vorschulbereich umgehen. Darüber hinaus werden dadurch nachweislich  erhebliche Kosten gespart, welche für die Neuerrichtung von Plätzen und die Qualitätserhöhung der Betreuung eingesetzt werden können.

Was möchten Sie betroffenen Eltern und Stadt sagen?

Unser Verein unternimmt im Rahmen seiner Möglichkeiten alles, um einen Beitrag für die Entspannung der kritischen Betreuungssituation im Kitabereich der Stadt Leipzig zu leisten.

Über die Leipziger Kindervereinigung

An der Seite unserer Kinder – so lautet ein Motto unserer vielseitigen Arbeit auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendhilfe. Die KINDERVEREINIGUNG e.V. wurde im März 1990 gegründet. Als Verein sind wir vor allem mit vielen ehrenamtlichen Mitgliedern und Helfern mit und für Kinder und Jugendliche im Sinne der UNO-Konvention über die Rechte des Kindes tätig.

Der Zweck der KINDERVEREINIGUNG Leipzig e.V. ist darauf gerichtet, Beiträge zur Schaffung förderlicher sozialökologischer Rahmenbedingungen für das Heranwachsen von Kindern und Jugendlichen zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten in den Lebensräumen innerhalb und außerhalb der Familie zu leisten.

(http://www.kv-leipzig.de/aktuelles.html)

Betroffene Eltern (4): „Wir stehen in 20 Kindergärten auf Listen“

Ein Hilferuf von Eltern, der uns in den vergangenen Wochen häufig so oder ähnlich oftmals erreicht hat und deutlich zeigt, dass durch den Fokus auf den Ausbau der U3-Betreuung die Ü3-Kinder aus dem Blick geraten. Die Eltern sind ratlos, das Jugendamt bietet (einmal mehr) keine Hilfe.

Unser Kind wird im April 2014 drei Jahre alt. Zur Zeit wird unsere Tochter von einer Tagesmutter betreut.

Wir haben einen Bedarfsantrag gestellt und sind in mehr als 20 Kindergärten auf Listen. Jede Kita sagt uns, dass wenn dann im Herbst neue Kinder aufgenommen werden und für den Herbst bereits jetzt alle Plätze im Ü3-Bereich voll sind!

Unsere Tagesmutter möchte bzw. kann unser Kind nicht länger betreuen, unter anderem auch, weil sie dann für Kinder über 3 weniger Geld bekommt. Für die Tagesmutter würde das für drei Kinder der Gruppe gelten, das wäre für sie existenzvernichtend! Ist also verständlich.

Nun könnten wir einen Platz in einer privaten Kita haben, müssten aber aus den finanziellen Ausgleich vom Amt einfordern. Die Mitarbeiter vom Jugendamt geben uns aber keine Auskunft, ob wir diesen Platz nehmen dürfen / können / sollten.

Wie sind wir denn rechtlich gestellt? Wie lange kann uns das Jugendamt hinhalten? Wir arbeiten beide Vollzeit und einer von uns könnte, ohne den Kindergartenplatz, der Arbeit nicht mehr nachgehen. Wir wissen einfach überhaupt nicht, wie wir rechtlich dastehen und das Jugendamt schiebt unser Anliegen nur raus. Hilfestellung bekommen wir nicht. Was können wir tun?

Das Jugendamt: „Wir bekommen sehr viel vom Frust der Eltern mit.“

Passend zum Beitrag von letzter Woche gibt es hier nun die Schilderung des Jugendamts, das uns gemeinsam mit Familieninfobüro und Familienbeirat unsere Fragen beantwortet hat. Das Jugendamt fokussiert nach eigener Aussage vor allem zusätzliche wohnortnahe Betreuungsplätze.

Eure Meinung würde uns sehr interessieren, gern als Kommentar unter diesem Beitrag oder auf unserer Facebook-Seite.

1. Wie schätzen Sie die Kita-Situation in Leipzig ein? 

In Leipzig gibt es ca. 21.600 Kitaplätze (Stand April 2013). Hinzu kommen etwa 2500 Plätze bei Tagespflegepersonen. Bereits jetzt werden über 65% der Kinder unter drei Jahren und über 90% der Kinder ab drei Jahren in Kita und Tagespflege betreut. Ziel der Stadt ist es, zusätzlich zu dem bereits bestehenden Angebot 2.500 zusätzliche Plätze bis Ende 2013 zu schaffen. 35 Kitas wurden in den letzten Jahren bereits neu gebaut oder deutlich erweitert. Über 40 Neu- und Erweiterungsbauten werden zum Teil noch in diesem und in den nächsten Jahren folgen.

2. Welche Rolle spielt die Kinderbetreuung für die Stadt Leipzig?

Um die Stadt noch kinder- und familienfreundlicher zu machen, wurde ein Aktionsplan bis zum Jahr 2015 erarbeitet. Darin sind verschiedene Schwerpunkte für die Stadt benannt. Der allererste Schwerpunkt  darin heißt: Sicherung einer wohnort- oder arbeitsnahen, nachfrageorientierten Versorgung mit Plätzen in Kindertageseinrichtungen und Tagespflege. Das Thema hat also höchste Priorität.  

3. Wie werden Kita-Themen im Stadtrat g diskutiert? Inwiefern spielen die Belange der Familien hier direkt eine Rolle?

Die Planung für die Kitaplätze des folgenden Jahres wird jährlich vom Stadtrat beschlossen. Außerdem hat der Leipziger Stadtrat eine langfristige Planung bis zum Jahr 2025 beschlossen. Dabei werden die Stadtgebiete besonders bedacht, die bei Familien mit Kindern am beliebtesten sind – wie Gohlis, Schleußig und die Südvorstadt. In den fachlich zuständigen Ausschüssen wird regelmäßig von der Verwaltung über den Stand des Platzausbaus informiert.

4. Was muss aus Sicht der Stadt/des Jugendamtes vorrangig verbessert werden, um die Situation für die Familien zu verbessern? 

In erster Linie müssen wir zusätzliche Plätze schaffen, um dem Betreuungsbedarf noch besser gerecht zu werden.

5. Warum ist die Umsetzung von Verbesserungen so schwierig? 

Beim Bau einer Kita sind viele Dinge zu berücksichtigen. Vom geeigneten Grundstück, über die Bauplanung, die bauliche Durchführung, bis hin zur Erteilung der Betriebserlaubnis sind viele Akteure am Prozess beteiligt. Das erfordert intensive Kommunikation sowie Abstimmung und es müssen in der Regel sehr komplexe Verfahrensabläufe eingehalten werden. Um hier besser als bisher vorwärts zu kommen, wurde eine Projektgruppe „Kitabau“ eingerichtet, die wöchentlich tagt und alle Abläufe bündelt, koordiniert und bei unterschiedlichen Auffassungen der Prozessbeteiligten eine Konsensfindung herbeiführt, um eine zügige Umsetzung der Bauprojekte zu gewährleisten.  Das Programm schafft eine erhebliche zusätzliche Ressource. Diese gilt es in kurzer Zeit zu schaffen.

6. Was kommt bei Ihnen von dem Frust der Eltern an und wie gehen Sie damit um?

Jede Woche nutzen viele Eltern die Sprechzeiten der Kita-Abteilung. Da bekommen wir sehr viel vom Frust der Eltern mit. Wir sind uns darüber klar, dass eine lange und nicht erfolgreiche Kitasuche Eltern sehr belastet.  Im Gespräch wird dann gemeinsam nach möglichen Lösungen und noch nicht ausgeschöpften Handlungsoptionen gesucht.

7. Inwiefern spielen die Belange „betroffener“ Eltern eine Rolle bei der Planung und Umsetzung von Veränderungen im Kita-Bereich?

In diesem Jahr haben wir das Verfahren unserer Kitaplanung mit der Anschreibenaktion und der Einführung eines Betreuungsbedarfanmeldeformulars verbessert und können detaillierter planen. Auch die Entwicklung in den Stadtteilen nehmen wir hier stark mit in den Blick, da sich die meisten Eltern einen wohnortnahen Betreuungsplatz wünschen.
Mit dem Erhalt der Geburtsurkunde im Standesamt wird den Eltern im Zusammenwirken mit dem Familieninfobüro Informationsmaterial und ein Bedarfsanzeigeformular ausgereicht. Damit können Eltern ihren Betreuungsbedarf rechtzeitig bei der Stadt anmelden. Für die Verwaltung entsteht so eine weitere Informationsquelle für den zu erwartenden Betreuungsbedarf, der in die Kitaplanung einfließt.

8. Was können betroffenen Eltern tun, die trotz ausdauernder Suche keinen Kitaplatz finden können?
 
Dran bleiben und immer wieder alle Optionen prüfen. Also nicht nur Krippe und Kindergarten, sondern auch Tagespflegepersonen wohn- oder arbeitsortnah suchen. Wenn möglich, sollten auch private Betreuungsmöglichkeiten (Familie, soziales Umfeld) als Übergangslösung ausgeschöpft werden.

Wer 6 – 8 Wochen vor dem Betreuungsbedarf noch keine Betreuungsmöglichkeit gefunden hat, kann sich  an die Abteilung Kindertagesstätten im Rathaus Wahren (Sprechzeiten Dienstags 9:00-12:00 Uhr und 13:00-18:00 Uhr sowie Donnerstags 9:00-12:00 Uhr und 13:00-16:00 Uhr) wenden.

9. Was möchten Sie den Leipziger Eltern mitteilen? 

Die Stadt arbeitet mit aller Kraft am Ausbau der Platzkapazitäten. Die Belegung der Kitaplätze ist unmittelbar an den Schuljahresrhythmus gebunden. Wir sind zuversichtlich, dass sich die Situation zum Schuljahresbeginn 2013/14 entspannt, da hier viele Kinder in den Hort überwechseln und somit ein „großer Schwung“ Kinder in die Kitas nachrücken kann. Mit unseren Neu- und Erweiterungsbauten wird es bis Ende 2013 noch mehr Eltern möglich sein einen Betreuungsplatz zu finden. Mit dem weiteren Ausbauprogramm hoffen wir den tatsächlichen Bedarf an Betreuungsplätzen künftig bis auf wenige Ausnahmen komplett abzudecken. Die Hauptressource im Ausbau des Platzangebotes wird bis Ende 2014 zur Verfügung stehen.

Betroffene Eltern (3): „Das Jugendamt verweigerte eine schriftliche Auskunft!“

Eine Mutter berichtet über ihre enttäuschende Erfahrung mit dem Leipziger Jugendamt bei der Suche nach einem Betreuungsplatz für ihr zweites Kind.

Wir haben zwei Kinder. Unsere große Tochter kommt dieses Jahr in die Schule. Unser Sohn ist gerade im Frühjahr ein Jahr alt geworden.

Die Erzieherin unserer Tochter riet uns zu Beginn des Jahres, unseren Sohn für einen Geschwisterplatz in der Kita anzumelden. Das haben wir gemacht. Die Leiterin erklärte uns, dass bis jetzt noch alle Geschwisterkinder untergekommen seien. Über ein viertel Jahr später bekamen wir jedoch die Information, dass wir aufgrund meiner verlängerten Elternzeit keinen Platz für unseren Sohn bekommen. Die Kita-Leiterin empfahl, mich an das Jugendamt zu wenden.

Mein Partner ging dann zum Rathaus Waren (Anlaufstelle Kita) und wurde direkt wieder weggeschickt. Die Vertreterin des Jugendamts meinte nur, in meiner Elternzeit würde ich arbeitslosen Eltern gleichgesetzt werden und deshalb in dieser Zeit auch keinen Kita-Platz bekommen. Wir könnten uns nur noch einmal an unsere Leiterin wenden. Diese war dann leider ziemlich unfreundlich und verweigerte auch eine schriftliche Ablehnung.

Ich wandte mich dann wiederum erneut an die Vertreterin des Jugendamts und forderte zumindest eine schriftliche Ablehnung inklusive Begründung, um für eine Klage die entsprechenden Dokumente parat zu haben. Bei einem Termin bekam ich dann folgende Information:

Das Jugendamt würde prinzipiell keine schriftlichen Ablehnungen herausgeben, obwohl man sich bewusst sei, dass diese für ein Einklagen eines Betreuungsplatzes benötigt werden. Mir wurde mitgeteilt, dass man mir keine Ablehnung schriftlich geben könne mit der Begründung, dass man schließlich nicht sicher wissen könne, ob ich nicht doch noch einen Platz bekommen würde. Ich könnte aber diesbezüglich gern einen Anwalt (!) beauftragen, um die schriftliche Absage einzufordern.

Ich fragte daraufhin, ob das Jugendamt auf diesem Weg Anwaltskosten verursachen müsse, obwohl eine schriftliche Ablehnung seitens einer öffentlichen Behörde in einem Rechtsstaat schließlich das Recht eines jeden Bürgers ist. Die Dame antwortete, dass einige Eltern ja eine Rechtsschutzversicherung haben würden…

Allgemein war die Vertreterin des Jugendamts zwar freundlich, hat sich für uns Zeit genommen (einstündiges Gespräch) und auch teilweise auch Verständnis für unsere Situation gehabt. Diese Vorgehensweise verwundert mich aber trotzdem.

Warum wird Eltern von kleinen Kindern, die offenbar begründet keinen Anspruch auf einen Kitaplatz in Leipzig haben eine schriftliche Auskunft darüber verweigert? Und warum wird – bei Verweis auf den Rechtsstaat – erklärt, man könne die SCHRIFTLICHE ABLEHNUNG EINKLAGEN?? Eine Absage, die man ausschließlich benötigt, um die formalen Voraussetzungen zur Klage auf einen Betreuungsplatz zu erfüllen! Das verursacht vollkommen unnötig Kosten, Zeitverzögerung und Stress! Einem transparenten, unterstützenden Vorgehen widerspricht dieses Praxis leider absolut!

Betroffene Eltern (2): „Dauerstress in der Familie!“

Britta Z. schildert die stressige Suche nach einen Krippenplatz in Leipzig für ihre Tochter, die letztendlich nicht erfolgreich war. Wie viele Leipziger Eltern hatte sie sich das erste Jahr mit ihrer Tochter etwas anders und weniger sorgenvoll vorgestellt. Britta kritisiert insbesondere das Kita-Portal und schlägt vor, die Vergabe wie bei der Zuteilung von Seminarplätzen an der Universität zu regeln.

Inwiefern seid ihr mit dem Kita-Problem in Leipzig in Berührung gekommen?

Wir brauchen einen Krippenplatz für unsere Tochter. Seit ihrem dritten Lebensmonat schauen wir ständig im Kita-Portal nach freien Plätzen. Wir haben uns sogar einen Update-Scanner installiert. Außerdem mussten auch wir eine Liste der Kitas erstellen, die in Frage kommen, obwohl es direkt vor unserer Tür eine Kita gibt, die auch einer unserer Favoriten wäre. Die Kita vergibt aber nur Plätze über das Portal. Zu den Kitas auf unserer Liste – nur Kitas, die ihre Plätze nicht (angeblich) über das Portal vergeben – haben wir Anmeldungen oder Interessenbekundungen geschickt. Es hat sich nur eine Kita überhaupt zurückgemeldet, bei der stehen wir nun auf der Warteliste.

Was hat euch bei der Suche nach einem Kitaplatz besonders erstaunt oder enttäuscht?

Erstaunt hat mich, dass die Stadt so stolz darauf ist, dass das Portal ein Echtzeitsystem ist. Wo ist denn da bitte die Gerechtigkeit? Die Eltern die den ganzen Tag am PC sitzen werden belohnt und die, die mit ihrem Kind spazieren sind oder sich anderweitig sinnvoll mit ihm beschäftigen werden bestraft? Auch die Anrufe bei den Kitas haben mich enttäuscht. Egal wie freundlich wir waren, wir wurden ständig abgewimmelt. Die Aussage des Jugendamtes, dass die meisten Plätze erfahrungsgemäß von Mitte Mai bis Mitte Juni freigegeben werden, ist nicht gerade ermutigend. Zum Einen weiß man nicht, ob man dann wirklich in einer guten Kita einen Platz erhält und zum Anderen passt der Zeitpunkt gar nicht für alle Eltern gleichermaßen. Wenn man zum Beispiel ab August einen Platz benötigt und dann vielleicht keinen in der Vergabezeit ergattert, dürfte es schwer werden, zwischen Ende Juni und Anfang August noch eine gute Tagesmutter oder andere Alternativen zu finden. Außerdem: Niemand möchte sein Kind eigentlich in irgendeine Kita geben. Es gibt deutliche qualitative Unterschiede zwischen den Kitas und ich persönlich möchte mein Kind nicht nur verwahrt wissen!

Was hättet ihr euch eigentlich gewünscht?

Vor allem deutlich mehr Unterstützung von Seiten der Stadt und von den Kitas direkt. Als Eltern bekommt man nirgends Hilfe oder vernünftige Informationen. Ständig verweisen die Kitas auf das Portal, keine Kita sagt konkret, wann ihre Plätze ungefähr vergegeben werden oder Ähnliches. Das ist belastend!

Welche Auswirkungen hatte die Situation für eure Familie?

Der ständige Druck das Portal zu überprüfen, um ja keinen Platz zu verpassen führt zu einem Dauerstress in der Familie. Man ist tagsüber, manchmal bis Mitternacht gezwungen, ständig die Webseite zu prüfen. Der mangelnde Schlaf und die ständige Angst, keinen Platz zu bekommen bzw. den Wunschplatz verpasst zu haben, verstärken diesen Stress zusätzlich. Wenn man dann mal einen freien Platz erwischt, hat man keine Zeit zu schauen, ob einem die Kita zusagt. Dann geht es nur noch darum, wer der Schnellste war. Wenn man Pech hat, ist die Reservierung nach dem Ausfüllen schon vergeben. Dies ist uns einige Mal passiert! Wir waren irgendwann nur noch frustriert. Einmal hatten wir eine Reservierung, aber die Kita hat uns trotzdem nicht zugesagt.

Die Gesamtsituation der spät frei werdenden Plätze hat dazu geführt, dass wir umgeschwenkt sind auf eine kompetente Tagesmutter – entgegen unserer ursprünglichen Absicht, definitiv einen Krippenplatz zu wollen. Die Suche nach einem Platz war innerhalb weniger Tage erfolgreich. Hierdurch fällt ein großer Teil des Stress weg. Wir haben nun die Möglichkeit unser Kind von einer ausgebildeten Erzieherin betreuen zu lassen und müssen auf keine Notlösung zurückgreifen. Bei unserem Wunschkindergarten stehen wir bereits seit einem halben Jahr auf der Warteliste und sind zuversichtlich bis zu ihrem 3. Lebensjahr einen Platz zu bekommen.

Was muss aus eurer Sicht verbessert werden? 

Das Vergabesystem! Komplett!

Wenn ihr den Verantwortlichen etwas direkt sagen könntet…

Eine Bitte hätte ich an die Stadt: Eine Änderung der Anmeldungsfunktion im Portal. Wünschenswert fände ich, wenn es so funktionieren würde wie eine Seminaranmeldung an der Hochschule, an der ich studiere: Es gibt eine begrenzte Zahl freier Studienplätze. Wer zuerst kommt, bekommt einen Platz im Seminar. Wenn der Kurs voll ist, kommt man automatisch auf die Warteliste und sieht auf welchen Wartelistenplatz man sich befindet. Wenn jemand aus dem Kurs aussteigt, dann rückt man auch automatisch nach und erhält eine E-Mail.

Wenn man es auf das Kita-Portal übertragen würde müsste es so aussehen, dass man seine Wunschkita(s) aufruft und sich dort anmelden kann, wer sich zuerst anmeldet, bekommt dann eine Reservierung. Die Zahl der Reservierungen sollte der Anzahl der freien Plätze entsprechen! Alle anderen, die keine freie Reservierung ergattern konnten, erhalten einen Wartelistenplatz. Damit die Anzahl der Warteplätze nicht ein unendliches Maß annimmt, sollte in regelmäßigen Abständen per Mail erinnert werden ob man sich noch für den Platz interessiert und wenn ja, muss man innerhalb von 14 Tagen den Wartelistenplatz bestätigen. Bei Nichtbestätigung fliegt man automatisch aus der Liste. Diejenigen, die eine Reservierung haben, können sich innerhalb von 7 Tagen bei der Kita-Leitung melden. Wird dies nicht wahrgenommen, rücken andere Familien nach. Geschwister sollten weiterhin berücksichtigt werden. Man könnte, wenn man bereits ein Geschwisterkind in der Wunschkita hat, dies angeben und wird bevorzugt nach vorn geschoben.